
Sparen für morgen?
Warum Schuldenbremse und Generationengerechtigkeit nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun haben, kommentiert Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes Bundesverband e.V.
Über Generationengerechtigkeit wurde schon immer gerne gesprochen. Ein Begriff, der die eigene Politik mit Blick auf die ferne Zukunft begründen soll, der Weitsicht signalisiert und aktuell Wählenden Zumutungen verkauft mit dem mahnenden Fingerzeig auf die eigenen Kinder. Dieser Blick auf die Kinder wäre in der Tat auch oft nötig und angebracht. Eine Auseinandersetzung mit dem Ausgleich von Nutzen und Belastungen zwischen den Generationen wäre bedenkenswert, leider finden dazu keine echten Überlegungen statt. Das Schlagwort Generationengerechtigkeit bleibt eine Fassade für die schwierig zu begründenden eigenen Haltungen. Mit Gerechtigkeit und den Kindern und Jugendlichen in der Zukunft haben diese allerdings gar nichts zu tun.
Generationengerecht oder besser nachhaltig ist Politik, wenn sie Kinder und Jugendliche sowohl heute in ihren Bedürfnissen ernst nimmt und sie beim chancengerechten Aufwachsen unterstützt als auch ihnen für ihre Zukunft und die ihrer Kinder Rahmenbedingungen überlässt, die sie nicht total überfordern. Genau das hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil zu den Klimaschutzmaßnahmen mehr als deutlich gemacht. Nötig wäre dies auch in Fragen der Infrastruktur. Was ist generationengerecht an einer Investitionspolitik, die Schulen und Jugendeinrichtungen verfallen lässt und kein Geld für Toiletten, Lehrende oder Jugendarbeit hat? Generationengerecht wäre eine ernstgemeinte Debatte über das Rentensystem und seine fehlende Nachhaltigkeit zu führen, statt zu warten, bis es aus demographischen Gründen implodiert.
Nichts davon findet statt oder kommt nur in Ansätzen wirklich voran. Nur an einer Stelle im Diskurs wird der Begriff Generationengerechtigkeit doch sehr ernstgenommen und scheint wie ein Dogma jedes andere Argument auszuschließen: Beim Plan nicht mehr zu investieren, die Schulden einzugrenzen und das Mantra der schwarzen Null irgendwie zu begründen, die fälscherweise als Symbol für gute Finanzpolitik steht. Wenn man begründen will, dass man nicht nur die aktuelle Generation Steuernzahlender nicht mehr belasten, sondern lieber entlasten möchte, aber auch nicht mehr Schulden aufnehmen will, dann scheint der Verweis, dass man das nicht für sich, sondern in Verantwortung für die Kinder tue, doch sehr nützlich und kaum Widerspruch zu dulden.
Das ist nicht nur frech, da die junge Generation selbst immer wieder auf die Notwendigkeit von Veränderungen mehr als deutlich hingewiesen hat und sich die paternalistische Sorge um zukünftige Schulden sicher gerne spart. Es ist aber auch unglaubwürdig, weil allen klar sein muss, dass das, was kaputtgeht, repariert werden muss, wenn es Nachfolgende noch nutzen sollen. Der Kinderschutzbund betont oft, dass arme Eltern ihr letztes Hemd geben, damit es ihren Kindern gut oder besser geht. Diese Attitüde sehen wir bei den aktuellen Haushaltpolitiker*innen nicht. Mit Verweis auf die sicher besseren Aussichten morgen bleibt da das gute Hemd lieber am eigenen Leib.
Es ist gut, wenn wir den Blick in dem schwelenden Streit um fehlendes Geld mal heben von unseren eigenen aktuellen (Partikular-)Interessen und Anliegen. Aber wenn wir schon mit unseren Entscheidungen an das große Ganze und die Generationen denken, dann bitte ernsthaft und umfassend – die Haushaltpolitik wäre dann sicher eine andere.