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Politik und Praxis

Neue Kampagnenmotive

Seit Beginn letzten Jahres macht der Kinderschutzbund mit seiner
Kampagne „Gewalt ist mehr, als du denkst“ auf psychische und emotionale Gewalt aufmerksam. Nun rücken Institutionen wie Schulen und Sportvereine in den Fokus.

Der Kinderschutzbund sensibilisiert dafür, dass Gewalt nicht nur aus Schlägen und Vernachlässigung besteht, sondern auch emotionale Gewalt tiefe Spuren bei Kindern und Jugendlichen hinterlässt. Psychische Gewalt wird oftmals bagatellisiert, dabei können Demütigungen, Herabsetzungen und Drohungen die Psyche von Kindern und Jugendlichen nachhaltig beeinträchtigen. 

Für das Jahr 2024 thematisiert der Bundesverband auch psychische Gewalt in Institutionen wie Schulen und Sportvereinen. Er hat deshalb zwei neue Plakatmotive entworfen und dem Gesamtverband zur Verfügung gestellt. Eine erneute Kooperation mit der Wall GmbH machte möglich, dass die Motive am Anfang des Jahres wieder in vielen Städten bundesweit auf den Straßen zu sehen waren. 

Warum ist die Kampagne so wichtig? Sport und Schule sind zwei elementare Bereiche, in denen Kinder und Jugendliche mit Demütigungen, Diskriminierungen und Drohungen konfrontiert sein können. 

Psychische Gewalt im Sport

Im Sport herrscht noch immer die Vorstellung, dass gute Leistungen nur mit Abwertung, Drill und Demütigung zu erreichen sind. 63 % der Befragten einer repräsentativen Studie der Deutschen Sporthochschule Köln, dem Universitätsklinikum Ulm und der Bergischen Universität Wuppertal aus dem Jahr 2022 gaben an, dass sie psychische Gewalt im Vereinssport erfahren haben. Diese Erfahrungen machen jungen Sportler*innen im Kontext Sportverein, laut der genannten Studie: 

Kinder und Jugendliche wurden runtergemacht, in große Verlegenheit gebracht oder gedemütigt, zum Beispiel durch abwertende Spitznamen. Sie wurden wegen Ihrer körperlichen Erscheinung kritisiert, zum Beispiel wegen ihres*r Gewichts, Aussehens, Kleidung oder ihrer Körperform. Sie wurden wegen ihrer Leistung im Wettkampf oder Training persönlich angegriffen, beschimpft oder bedroht. Sie wurden grundlos und absichtlich ignoriert und ausgeschlossen. Ihnen wurde körperliche Gewalt angedroht, ohne dass sie tatsächlich angegriffen wurden. Sie wurden aufgefordert oder gezwungen an Aufnahme- oder anderen Ritualen teilzunehmen, die damit verbunden waren, sie (oder andere) zu demütigen, zu erniedrigen oder herabzuwürdigen. Sie wurden aufgefordert, angewiesen oder gezwungen, unrealistisch hohe Erwartungen zu erfüllen.

Sportvereine sollen Orte der Beziehung, der Talentförderung und der Motivation sein. Wo Demütigungen und Drohungen stattfinden, müssen Sportler*innen Gehör finden und Täter*innen Konsequenzen spüren. Die positive Nachricht: Viele Sportvereine und Sportverbände haben sich bereits auf den Weg gemacht. Sie wissen, dass wir eine Kultur des Hinsehens brauchen. Der Kinderschutzbund möchte mit seiner Kampagne einen Beitrag dazu leisten und entsprechende Entwicklungen im sportlichen Bereich unterstützen.

Psychische Gewalt in der Schule

Die Datengrundlage für das Vorkommen von psychischer Gewalt an Schulen, insbesondere ausgehend von Lehrkräften gegenüber Schüler*innen, ist dünn. Es ist aber davon auszugehen, dass von allen Gewaltformen psychische Gewalt diejenige ist, die am häufigsten vorkommt. Beispiele für psychische Gewalt von Lehrer*innen gegen Schüler*innen sind Bloßstellen, Demütigen, ungerechte Benotung, sexualisierte Gewalt/Sprache, Meckern, Sarkasmus oder Schubladen-Denken („Immer machst du…“). Manche Kinder und Jugendliche werden aufgrund einer Behinderung, ihres Geschlechts oder ihrer Transgeschlechtlichkeit, ihrer Migrations- oder Fluchtgeschichte oder der Bildungshintergründe der Eltern diskriminiert. Unter psychische Gewalt fällt auch, wenn Lehrer*innen ignorieren, wenn ein Kind gemobbt oder ihm von anderen Kindern Gewalt angetan wird. Auch das Vergleichen mit anderen oder das unter Druck setzen in Bezug auf die Leistung schadet der Psyche.

Schule ist der Ort im Leben von Kindern, den sie besuchen müssen. Weder sie noch ihre Eltern haben die Wahl, es herrscht Schulpflicht. Gerade deshalb ist es für den Kinderschutzbund entscheidend, dass die Schule für Kinder und Jugendliche ein sicherer Ort ist.

Der Schwerpunkt auf psychische Gewalt in Institutionen wird den Kinderschutzbund Bundesverband thematisch das ganze Jahr 2024 hindurch begleiten. Verbände, die die Motive selbst nutzen möchten oder Fragen zur Umsetzung haben, können sich jederzeit an die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Bundesgeschäftsstelle in Berlin wenden. 


Ausgabe 24-1

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