
Alleinerziehende unterstützen
Ein gutes Aufwachsen muss für Kinder in jeder Familienform gegeben sein. Alleinerziehende ermöglichen ihren Kindern trotz ungünstiger Rahmenbedingungen ein gutes Aufwachsen. Das ist eine große Leistung. Die Politik ist gefordert, sie und ihre Kinder als gleichberechtigte Familienform besser zu unterstützen.
Herausfordernder Alltag
Rund 2,3 Millionen und damit 16 Prozent aller Kinder unter 18 Jahren leben bei Alleinerziehenden – zu 85 Prozent bei der Mutter. Meist finden sie nach einer Trennung dort ihren Lebensmittelpunkt. Der Alltag von Alleinerziehenden ist durch besondere Herausforderungen geprägt: Sie tragen allein die Verantwortung für dessen gesamte Organisation – mit weitreichenden Folgen für die eigenen Erwerbsmöglichkeiten und die tägliche Stressbelastung. Getrenntlebende Eltern pauschal als „Getrennterziehende“ zu bezeichnen, geht an der Lebensrealität vorbei.
Arm trotz Arbeit
42 Prozent der Einelternfamilien sind armutsgefährdet. Die Teilhabe der Kinder oder unvorhergesehene Ausgaben werden dann zu einem Problem, für das bei Einsatz sämtlicher Kräfte kreative Lösungen gefunden werden müssen. Dabei sind Alleinerziehende vergleichbar gut ausgebildet wie Mütter in Paarfamilien und zu 67 Prozent erwerbstätig. Die prekäre Situation vieler Alleinerziehender bedingen niedrige Löhne in frauentypischen Berufen, eine familienunfreundliche Arbeitszeitgestaltung und unzureichende Kinderbetreuungsangebote. Viele Alleinerziehende sitzen zudem in der Teilzeitfalle oder müssen einen beruflichen Wiedereinstieg meistern. In Paarfamilien sind es meist die Mütter, die wegen der Kinderbetreuung aus dem Beruf aussteigen oder ihre Arbeitszeit einschränken. Nach der Trennung tragen Mütter überwiegend die negativen finanziellen Folgen.
Gesundheit unter Druck
Selbstfürsorge ist im Alltag für Alleinerziehende schwer umzusetzen. So ist es nicht verwunderlich, dass sie ihre Gesundheit deutlich schlechter einschätzen als Mütter in Paarfamilien. Den meisten Alleinerziehenden gelingt es aber, ihre eigenen Belastungen nicht an ihre Kinder weiterzugeben, denn die Familienform per se hat keinen Einfluss auf das Wohlbefinden von Kindern. Alleinerziehende mit wenig Einkommen sparen an ihren eigenen Bedürfnissen, um ihren Kindern etwa einen Kindergeburtstag oder ein Hobby zu ermöglichen. Dennoch nehmen Kinder Existenzängste ihrer Eltern wahr und Armut kann sich negativ auf ihre Gesundheit auswirken.
Politik gefordert
Aufgabe der Politik ist es, Alleinerziehende als gleichberechtigte Familienform in allen Rechtsbereichen zu fördern. Heute fallen Einelternfamilien oft durchs Raster: Steuerlich sind sie gegenüber Verheirateten benachteiligt, für sie relevante Leistungen sind nicht bedarfsgerecht oder fressen sich durch Anrechnung gegenseitig auf. Bei der Kindergrundsicherung ist so besonderes Augenmerk auf die Kinder von Alleinerziehenden zu legen. Damit Einelternfamilien ihre Existenz eigenständig sichern können, braucht es parallel eine Aufwertung frauentypischer Berufe, ein grundsätzliches Recht auf Arbeitszeitsouveränität und Kinderbetreuung auch zu Randzeiten.
vamv.de
Julia Preidel, wissenschaftliche Referentin beim Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V., Bundesverband