Politik und Praxis

Plätze der Kinderrechte

Wo diskutieren Parlamente über die Kinderrechte? Klar: in Berlin, wenn es ums Grundgesetz geht; in den Landeshauptstädten, wenn Verfassungen zu ändern und zu ergänzen sind. Aber seit einigen Jahren auch in Stadt- und Gemeinderäten, bei denen Plätze der Kinderrechte auf der Tagesordnung stehen.

Der erste Platz der Kinderrechte in Höhr-Grenzhausen | Foto: Joachim Türk

Ob die Kinderrechte beachtet oder ignoriert werden, entscheidet sich in den Kommunen; im Alltag der Familien, Schulen, Gremien, Vereine, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Plätze-Initiative des Kinderschutzbundes sorgt dafür, dass sich Gemeinden nicht nur operativ, sondern auch grundsätzlich mit dem Thema beschäftigen und regelmäßig daran erinnert werden.

Dass der Weg das Ziel ist, wird oft als Floskel abgetan, bei den Plätzen der Kinderrechte ist es Programm. Es beginnt im Ortsverband mit der Initiative und einer Strategie für die „Lobby-Arbeit“. Wer wird bei der Bewerbung und bei der Umsetzung helfen? Am besten sind der*die Bürgermeister*in  von Anfang an auf unserer Seite. Und wenn nicht? Dann führt der Weg über Fraktionen und Parteigremien, in die Redaktionen der Lokalzeitungen und Gemeindeblätter, in die Jugendvertretungen, zu Partnereinrichtungen und ins Jugendamt. So entstehen viele Verbindungen, finden sich Verbündete, die bleiben, oft weit über die Einweihung des Platzes hinaus.

Überraschungen sind an der Tagesordnung: Wenn die Baudezernentin sich so begeistern lässt, dass sie den Platz vor dem Kongresszentrum anbietet; wenn 40 oder 50 Kinder und Jugendliche sich versammeln, um ihren Rechten einen Platz in der Gemeinde zu erstreiten – und der Kinderschutzbund ihnen als wohlmeinender Ratgeber zur Seite steht. Wenn das Jugendparlament sich traut, beim Land um einen Zuschuss für den Platz zu bitten – und plötzlich eine Förderzusage über 10.000 Euro in Händen hält. Wenn aus dem Platz ein Mobil wird, das auf Tour geht und Initiativen auslöst; wenn Künstler*innen sich anstecken lassen und neben dem offiziellen Schild ein kunterbuntes Denkmal errichten. Wenn andere Stadtteile auch einen solchen Platz haben wollen, wenn blitzschnell jede Stadt einer Region einen Platz der Kinderrechte hat. Oder wenn auf dem historischen Marktplatz Pflastersteine gegen Kinderrechte-Steine ausgetauscht werden.

Das Projekt kann ganz schnell durchgewunken werden, wie beim ersten Platz in Höhr-Grenzhausen/Westerwald, wo der Stadtrat keinen Monat brauchte, oder sich monatelang ziehen und viele Debatten befeuern. Und es ist nicht zu Ende, nachdem die Einweihungsreden gehalten, die Schilder enthüllt, die fröhlichen Platzkonzerte verklungen sind. Dann beginnen an dem Platz neue Initiativen – wenn sich aus den Kontakten im Vorfeld die Diskussion über ehrenamtliche Kinder- und Jugendbeauftragte entwickelt, und der Gemeinderat die Stelle schafft; wenn die Kinder und Jugendlichen, vom Erfolg ermutigt, weitere Ideen entwickeln und endlich Gehör und Budget finden. Wenn der Ortsverband gemeinsam mit Vereinen, Institutionen und dem Gemeinderat überlegt, was auf dem Platz der Kinderrechte stattfinden kann – außer der jährlichen Feier zum Jahrestag.

Platz der Kinderrechte in Neuss | Foto: Olaf Grusch

Um die 40 Plätze der Kinderrechte sind auf Initiative des Kinderschutzbundes schon entstanden; so ganz genau kann man das an dieser Stelle nicht sagen, weil zwischen der Produktion des Textes und dem Druck ganz bestimmt irgendwo wieder eine Einweihung stattgefunden hat. Bis zum Jahresende werden es wohl 50 sein. Es kommen noch etliche hinzu, an denen der Kinderschutzbund keinen direkten Anteil hatte – außer als Ideengeber und Vorbild, was nicht wenig ist.

Die Reise geht weiter. Überall im Kinderschutzbund haben sich Ortsverbände auf den Weg gemacht, das Thema Kinderrechte in ihren Kommunen zu besprechen und sichtbar zu machen. Ihnen steht bereits ein großes Sortiment an Ideen und Erfahrungen zur Verfügung – und natürlich sind die erfahrenen Platzwarte gerne bereit, persönlich mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Wer gerade anfängt sich für die Idee zu begeistern, findet in der Bundesgeschäftsstelle eine Menge guter Ratschläge und Tipps für den Start. Und Kontakte zu den Kinderschützer*innen, die ihren Platz längst eingerichtet haben. Sie werden bestätigen, dass der Weg dahin entscheidend war, als die Kinderrechte für eine ganze Weile Ortsgespräch waren, als im Stadtrat über die Bedeutung dieser Rechte für die kommunale Arbeit und die Gemeinschaft und die Gegenwart und Zukunft aller Kinder diskutiert und dann entschieden wurde, dass es eine gute Idee ist, auch hier einen Platz nach diesen wichtigen Rechten zu benennen.

Platz der Kinderrechte in Schifferstadt | Foto: DKSB LV Rheinland-Pfalz e.V.
  • 1 – Höhr-Grenzhausen
  • 2 – Mainz
  • 3 – Elmshorn
  • 4 – Bad Kreuznach
  • 5 – Wiesbaden
  • 6 – Neuss
  • 7 – Pinneberg
  • 8 – Ratzeburg
  • 9 – Nierstein
  • 10 – Bremen
  • 11 – Hamburg
  • 12 – Düsseldorf
  • 13 – Attendorn
  • 14 – Eisenberg
  • 15 – Kaisers-lautern
  • 16 – Rendsburg
  • 17 – Zwei-brücken
  • 18 – Minden
  • 19 – Wedel
  • 20 – Ludwigs-burg
  • 21 – Gütersloh
  • 22 – Hameln
  • 23 – Buchholz in der Nordheide
  • 24 – Willich
  • 25 – Geisen-heim
  • 26 – Uelzen
  • 27 – Bremen
  • 28 – Buchen
  • 29 – Cloppen-burg
  • 30 – Aachen
  • 31 – Kiedrich
  • 32 – Viersen
  • 33 – Schiffer-stadt
  • 34 – Lorch
  • 35 – Speyer
  • 36 – Oestrich-Winkel
  • 37 – Balingen
  • 38 – Ratingen
  • 39 – Sankt Augustin

Grafik: 365psd.com


Ausgabe 23-2

Schwerpunkt

Neue Herausforderungen im Kinderschutz

Politik und Praxis

Kinder- und Jugendpolitik

Kinderschutz vor Ort

Mehr aus der DKSB-Praxis

Impressum