
Unter Vätern
In Hamburg wurde erstmalig ein neues Angebot getestet: Der Kinderschutzbund Landesverband Hamburg hat einen Starke Eltern – Starke Kinder-Kurs ausschließlich für Väter organisiert. Emotionale Momente und positive Auswirkungen auf die Beziehung zu den Kindern waren die erfolgreichen Ergebnisse.
An den Kursen Starke Eltern – Starke Kinder (SESK), die vom Kinderschutzbund Landesverband Hamburg angeboten werden, nahmen bisher überwiegend Mütter teil. Doch der Anteil der teilnehmenden Väter steigt. Daher hatte Magdalena Berghorn, Koordinatorin der SESK-Kurse beim Landesverband Hamburg, die Idee, einen Kurs ausschließlich für Väter anzubieten: „Ich schaue immer, welches Angebot es in Hamburg noch nicht gibt und ich wollte Vätern einen geschützten Raum zum Austausch und zur Reflexion ihrer Rolle bieten.“ Magdalena Berghorn vermutet, dass manche Männer nicht durch die üblichen Online-Anzeigen für SESK-Kurse erreicht werden. Sie bewarb den Kurs über den Hamburger Verein Väter e.V. und sogenannte Elternschulen, die in Hamburg spezielle Angebote für Väter mit (Klein-)Kindern machen. Durch die gute Vernetzung war es kein Problem, auf Anhieb genug Teilnehmende für den Väterkurs zu finden.
Der Kurs war innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. „Das ist nicht selbstverständlich“, sagt Magdalena Berghorn, „bei anderen Kursen läuft die Bewerbung über Monate und die Anmeldungen kommen sehr schleppend bei mir an.“ Für den Väter-SESK-Kurs meldeten sich 14 Teilnehmende an, die den Kurs sehr konstant besuchten. Magdalena Berghorn wertet dies als Signal, dass Väterkurse sinnvoll sind und nachgefragt werden. „Damit ist Hamburg Vorreiter und Modell für andere Bundesländer. Ich hoffe, dass diese Kurse öfter stattfinden. Gerade die Auseinandersetzung und Reflexion über eigene Erfahrungen in der Kindheit und welche Werte und Erziehungsstile die Eltern übernehmen wollen oder nicht, war sehr konstruktiv und beugt häuslicher Gewalt vor“, so Susanne Keller, Kursleiterin beim Kinderschutzbund Hamburg, die den ersten Väter-Kurs gemeinsam mit ihrem Kollegen, Ahmed Elberling-Abed, geleitet hat. „Der Kurs war genauso aufgebaut wie andere SESK-Kurse auch“, berichtet Ahmed Elberling-Abed, ebenfalls Kursleiter und Multiplikator beim Kinderschutzbund Hamburg: „Eine andere Methodik anzuwenden, war nicht nötig.“
Konflikten besser begegnen
Ahmed Elberling-Abed hat während des Kurses festgestellt, dass es einen großen Bedarf gab, über Konfliktsituationen in den Familien zu sprechen und sich Anregungen zu holen, wie Eltern in Diskussionen angemessen agieren: „Viele Männer hatten das Gefühl, dass sie zu viel Macht in der Erziehung ausüben, und wünschten sich, dass sie eine bessere Bindung zu ihren Kindern bekommen. Das war etwas auffälliger als in anderen Kursen.“ Ahmed Elberling-Abed beobachtete, dass die meisten Väter sehr selbstkritisch im Umgang mit den Themen waren und sehr reflektiert. Die Männer merkten, dass Unterstützung sinnvoll ist, um ihren Umgang mit dem Kind zu verbessern.
In dem Kurs ging es unter anderem darum, zu üben, wie Eltern in Konflikten mit ihren Kindern gar nicht erst in eine Wut-Spirale geraten. „Das kommt von Müttern nicht ganz so häufig“, erzählt Ahmed Elberling-Abed. Die Kursleitungen stellten fest, dass sich die teilnehmenden Männer in dem Kurs schnell geöffnet haben: „Die Väter wurden sehr schnell emotional – es sind einige Tränen geflossen“, sagt Ahmed Elberling-Abed. „Die Kooperation untereinander, die Kleingruppenarbeit war sehr entspannt und gelassen.“
Ahmed Elberling-Abed beobachtet generell, dass Väter stärker als bisher Verantwortung für ihre Kinder übernehmen wollen: „Sehr viele Männer sagen, dass sie sich die Erziehungsarbeit zuhause aufteilen. Die teilnehmenden Väter sehen das positiv. Für sie ist es selbstverständlich, dass sie sich an der Erziehung ihrer Kinder beteiligen.“
Welche Rolle die Väter in den Familien einnehmen, ist unterschiedlich. In den meisten Familien arbeiten beide Elternteile, manche teilen sich die Verantwortung für die Kinder jeweils zur Hälfte. Manche Väter können durch die Möglichkeit flexibel im Home-Office zu arbeiten, häufiger für ihre Kinder da sein. Auch konservative Familienmodelle, in denen die Mutter Hausfrau ist und der Vater Vollzeit arbeitet und wenig Zeit mit den Kindern verbringt, gibt es nach wie vor. „Aber auch in diesen Konstellationen möchten sich die Männer besser aufstellen, um in Situationen, in denen sie in der Erziehung stärker involviert sind, besser agieren zu können“, sagt Ahmed Elberling-Abed.
Dass Ahmed Elberling-Abed selbst zweifacher Vater ist und viele Situationen mit Kindern aus eigener Erfahrung kennt, ist für den Austausch mit den Teilnehmenden vorteilhaft. „Wir haben zum Beispiel im Kurs darüber gesprochen, dass Väter sich manchmal anders gegenüber ihren Töchtern als gegenüber ihren Söhnen verhalten. Das ist ja eigentlich nicht gut. Das konnten wir dann aufdröseln.“
Auch um Körperlichkeit ging es in dem Väter-Kurs. „Es ist sehr wichtig, dass Väter für ihre Kinder ein Vorbild sind und nicht ihre körperliche Stärke ausüben, um ihren Willen zu bekommen“, bemerkt Ahmed Elberling-Abed: „Auch das ist ein Thema, was so in anderen Kursen nicht aufgetaucht ist. In der Einheit Macht in der Erziehung haben wir darüber sehr lange gesprochen.“
Kommunikation als Schlüssel
Gut angekommen sind auch die Kurseinheiten, in denen es um Kommunikation ging. „Über Ich-Botschaften und das einfühlsame Zuhören zu sprechen oder die Methode anzuwenden, sich einen Notausgang zu suchen, wenn man in der Wuttreppe nach oben steigt, fanden die Väter gut“, sagt Ahmed Elberling-Abed.
Während des laufenden Kurses erhalten die Kursleitenden oft Rückmeldung dazu, wie die Anregungen aus dem Kurs umgesetzt werden. Ein Teilnehmer hörte von seiner Tochter, die gerade in der Pubertät ist, oft: „Du verstehst mich nicht. Du weißt gar nicht, wovon ich rede.“ „Nachdem der Vater die Methode des einfühlsamen Zuhörens verinnerlicht hatte, hat sich das komplett verändert“, berichtet Ahmed Elberling-Abed. „Bereits eine Woche nach der Kurseinheit berichtete der Teilnehmer, dass seine Tochter jetzt sehr gerne mit ihm spricht. Der Vater hat verstanden, dass das Zuhören das Wichtige ist und nicht das, was er zu seiner Tochter sagen will.“
Neben Kommunikation war auch Partizipation im Kurs ein großes Thema. Ein Vater berichtete bereits während des Kurses, dass er die Kinder mit anderen Augen sieht. Aber nicht, weil sich die Kinder verändert haben, sondern weil er sich verändert hat.
Das Feedback zu dem SESK-Kurs war positiv: „Die Väter waren sehr begeistert. Sie waren durchweg davon überzeugt, dass sie durch den Elternkurs einen besseren Zugang und eine bessere Bindung und Beziehung zu den Kindern aufbauen konnten. Wenn Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, schweißt das Kinder und Väter enger zusammen“, weiß Ahmed Elberling-Abed. Die Mehrzahl der Teilnehmenden wollte nach Kursende mit den anderen Vätern in Kontakt bleiben, um sich weiterhin auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. „Das ist ein großer Erfolg, wie ich finde“, sagt Ahmed Elberling-Abed, „dass ein Kontaktnetzwerk erhalten bleibt.“ Der Landesverband Hamburg wird die Väterkurse in das regelmäßige Angebot aufnehmen. Sie sind eine sehr gute Ergänzung zu den gemischten Kursen, die aber keinesfalls ersetzt werden sollen. Denn, so beobachtet Ahmed Elberling-Abed: „Die Eltern profitieren voneinander – egal welches Geschlecht.“
Johanna Kern, redaktionelle Leitung des Verbandsmagazins,
Kinderschutzbund Bundesverband