
Direkte Hilfen statt Kinderkarte
In der Debatte um das Kindergrundsicherungsgesetz wird die Einführung einer bundesweiten „Kinderkarte“ diskutiert. Der Kinderschutzbund warnt vor bürokratischen Hürden und fordert stattdessen eine direkte Auszahlung der Mittel an Familien. Die Erfahrungen mit bisherigen Gutschein- und Kartensystemen zeigen, dass diese oft ineffizient und kostspielig sind, während eine unmittelbare Auszahlung den Kindern direkt zugutekommen würde.
Der Vorschlag zur Einführung einer bundesweit gültigen „Kinderkarte“ ist nicht neu. Bereits Ursula von der Leyen versuchte mit ihrem Vorschlag einer Chipkarte für Kinder, das Bildungs- und Teilhabepaket auf diese Weise an die Kinder zu bringen. Das war im Jahr 2010, also vor 14 Jahren. Bis heute nutzen viele Kommunen verschiedene Gutschein- und Kartensysteme, um Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepakt (BuT) abzurechnen. Diese Systeme sind aber in ihrer Funktionalität, den Zielgruppen und der Umsetzung sehr unterschiedlich.
Wir als Kinderschutzbund sprechen uns grundsätzlich gegen das bestehende „Gutscheinsystem“ des BuT aus und unterstützen Initiativen zur Pauschalierung von Schulstarterpaket und Teilhabegeld, wie das „Berliner Modell“.
Denn das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgestellt, dass die Leistungen des BuT Teil des kindlichen Existenzminimums sind. Deshalb müssen die Leistungen unmittelbar zur Verfügung stehen. Der Zugriff darf also nicht durch zusätzliche Antragsverfahren oder Kartensysteme erschwert werden.
Hinzukommt: Das Geld für armutsbetroffene Kinder darf nicht durch Bürokratie- und Verwaltungskosten geschmälert werden. Der Aufbau und Betrieb eines Kartensystems sind kostenintensiv. Eine unmittelbare Auszahlung an die Familien würde diese Kosten vermeiden und damit zusätzliche Mittel für die Kinder freisetzen. Schon heute wird davon ausgegangen, dass pro Euro aus dem BuT etwa 25 Cent an Bürokratiekosten gerechnet werden muss. Dieses Geld muss aber vollständig den Kindern zugutekommen.
Umsetzungsgrenzen ernst nehmen
Eine mögliche Umsetzung der „Kinderkarte“ muss vor Ort an Grenzen stoßen. Viele Angebote für Kinder akzeptieren keine Kartenzahlung und arbeiten mit Bargeld. Kleine Sportvereine, ehrenamtliche Freizeitangebote oder Pfadfindergruppen können die notwendige Infrastruktur dafür gar nicht zu Verfügung stellen. Auch in Schulen, Kitas und anderen öffentlichen Einrichtungen gibt es heute oft keine bargeldlosen Zahlungsoptionen. Kinder mit einer Kinderkarte wären daher von zahlreichen Angeboten absehbar ausgeschlossen.
Eltern aller Einkommensgruppen vertrauen
Für den Kinderschutzbund ist klar, dass die meisten Eltern unabhängig von ihrem Einkommen das Beste für ihre Kinder wollen. Das zeigen auch zahlreiche Studien. Daher muss Politik den Eltern zutrauen, Gelder im Sinne ihrer Kinder auszugeben. Wo möglich, sollte der pragmatischste Weg genutzt und das Geld den Familien ohne bürokratische Zwischenschritte direkt ausgezahlt werden.
Unsere Forderungen
Der Kinderschutzbund fordert, das Teilhabegeld und das Schulstarterpaket automatisiert auszuzahlen. Alle anderen Ausgaben, die nur von Fall zu Fall anfallen, wie Klassenfahrten oder Mittagessen, sollten im System verbleiben und dort zur Gebührenfreiheit eingesetzt werden. Dazu gehören etwa gebührenfreie Kitas und ausreichende kostenlose Nachhilfeangebote vor Ort.
Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer,
Kinderschutzbund Bundesverband