
Austausch nach der Trennung
Der Kinderschutzbund Kreisverband Stormarn e.V. bietet Vätern nach Trennung oder Scheidung, die einen guten Kontakt zu ihren Kindern pflegen wollen, den Vätergesprächskreis zum Austausch an. Väter finden hier ein Forum, in dem sie offen über ihre Fragen, Gefühle und Probleme nach ihrer Trennung sprechen können.
Seit 24 Jahren gibt es den Vätergesprächskreis des Kinderschutzbundes Stormarn. „Damals beobachteten wir, dass Mütter nach einer Trennung häufig in die Beratungsstelle kommen und sich Hilfe holen, Väter eher weniger“, sagt Marius Neuhaus, Diplom-Sozialpädagoge und Systemischer Familientherapeut, der die Treffen von Beginn an leitet: „So kam die Idee für ein Gruppenangebot für Väter auf.“
Der Vätergesprächskreis findet an etwa zehn Abenden im Jahr im Kinderhaus BLAUER ELEFANT in Bargteheide statt. Jeder Termin dauert drei Stunden und hat ein eigenes Thema. „Der Gesprächsbedarf der Väter ist groß und es gibt in der Region kaum vergleichbare Angebote“, sagt Marius Neuhaus. Den Gesprächskreis leitet er nebenberuflich und bringt dabei viel Fachkenntnis, auch aus seiner hauptamtlichen Tätigkeit in einer Familienberatungsstelle, ein. An den Treffen nehmen durchschnittlich sechs Väter teil. Die Gruppe ist offen – neue Väter sind jederzeit willkommen. Es gibt Väter, die nur an einzelnen Terminen teilnehmen. Manche Väter sind schon lange dabei und kommen häufig, andere nehmen eine Zeit lang teil und kommen nach Jahren wieder. „Dadurch entsteht ein Zugehörigkeitsgefühl in der Gruppe, es gibt eine hohe Verbundenheit“, erzählt Marius Neuhaus.
Viele Väter, die in den Gesprächskreis des Kinderschutzbundes Stormarn kommen, befinden sich in besonders schwierigen Situationen. Manche haben keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern und leiden unter einer Entfremdung von ihren Kindern, zu denen sie vor der Trennung meist noch eine unbelastete Beziehung hatten. Ein Vater berichtet, was ihm an dem Angebot besonders gut gefällt: „Im Vätergesprächskreis finde ich nicht nur den Austausch mit anderen Vätern hilfreich, sondern auch die praktischen Übungen, die uns dabei unterstützen, unsere Situation und unser Verhalten zu reflektieren. Es tut gut zu merken, dass man mit dem schmerzhaften Verlust des Kontakts zu den eigenen Kindern nicht allein ist. Die Gespräche helfen mir, neue Perspektiven zu entwickeln und die Herausforderungen besser zu bewältigen.“
Das Kind steht im Mittelpunkt
Viele Väter sind durch die Trennungssituation sehr belastet. „Manche kommen zu uns, weil sie die Erfahrung machen, dass ihnen das Kinder- und Jugendhilfesystem nicht weiterhelfen kann. Das führt häufig zu emotionaler Frustration. In der Gruppe geht es darum, Gefühle wie Trauer, Verzweiflung, Ohnmacht oder Wut zuzulassen und sie wahrzunehmen. Statt zu klagen, müssen die Väter einen guten Umgang mit ihren Gefühlen finden. „Das ist notwendig, um die Situation zu verarbeiten und sich nicht festzufahren“, sagt Marius Neuhaus.
„Wichtig ist dabei die Haltung, immer wieder das Kind in den Mittelpunkt zu stellen und über sich hinaus zu wachsen.“ Die Väter erhalten Unterstützung, um trotz Trennung möglichst aktive Väter sein zu können. In den Treffen sprechen die Väter viel über ihre Kinder, das Alter, den Entwicklungsstand oder erzieherische Fragen. „Der Blick auf das Kind ist bei uns immer zentral. Ich achte darauf, dass die Väter den Trennungskonflikt nicht eskalieren, sondern sich immer wieder fragen, was für das Kind zu einer Verbesserung der Situation führen kann“, berichtet Marius Neuhaus. Für die Väter ist es wichtig, die eigenen Anteile am Trennungskonflikt zu erkennen und eine Brücke zur Mutter des Kindes zu bauen. „Ich ermuntere die Väter, über ihren Schatten zu springen und ihren Teil zu einer gemeinsamen Elternschaft beizutragen“, sagt Marius Neuhaus.
Die Situation in die Hand nehmen
Der Vätergesprächskreis beginnt mit einer Vorstellungsrunde, in der jeder Vater fünf bis sieben Minuten von sich und der Situation seines Kindes erzählt. Als Gruppenleiter stellt Marius Neuhaus Fragen oder gibt direktes Feedback: „Das sind Anregungen für die Teilnehmer, ihre Sicht zu verändern und neue Handlungsperspektiven zu entdecken. Die Väter sollen Verantwortung für ihre Situation übernehmen. Sich als Opfer zu fühlen, damit kommt man nicht weiter.“ Marius Neuhaus gibt auch Tipps für einen strategischen Umgang mit dem Helfersystem. „Ich ermuntere die Väter mit dem Helfersystem aktiv zusammenzuarbeiten, statt in Konfrontation zu gehen oder sich zurückzuziehen.“
In der Auseinandersetzung mit der eigenen Problemlage ist ein Perspektivwechsel wichtig, zu dem auch der Versuch gehört, die Mutter des Kindes in ihrer Situation zu verstehen, um so von einer Bewertung der Situation wegzukommen. „Heilsam ist es häufig, sich klarzumachen: Ich habe mir diese Partnerin ausgesucht. Ich habe eine Verantwortung dafür, dass diese Frau die Mutter meiner Kinder ist. Das ist mein Leben, das kann ich nicht von heute auf morgen abstreifen“, sagt Marius Neuhaus.
Nach der Erzählrunde gibt es eine Pause, in der sich die Väter persönlicher kennenlernen und bei einem Tee austauschen können. Dabei entstehen immer wieder Freundschaften, die über den Vätergesprächskreis hinaus reichen. Der persönliche Austausch ist, wie ein Teilnehmer sagt, einer der wichtigsten Aspekte: „Der Vätergesprächskreis bietet einen einmaligen, geschützten Rahmen zum Austausch unter Vätern. Alle mit Ihrer eigenen Geschichte. Der persönliche Austausch ist für mich das Wesentliche.“
In der letzten Stunde des Vätergesprächskreises findet der Thementeil statt. In diesem Jahr hat Marius Neuhaus unter anderem die Themen „Ein starkes Kind ist gut geschützt – was Trennungsväter beitragen können“, „Was ist eigentlich das Problem? Dem Konflikt auf die Spur kommen“ oder „Man sieht nur mit dem Herzen gut – Anregungen für einen Perspektivwechsel“ aufgegriffen. Die Impulse regen dazu an, die Trennung besser zu verarbeiten, konfliktfähiger zu werden und die Situation des Kindes besser zu verstehen. „Manchmal sprechen wir auch über Themen wie Mediennutzung und welche Rolle Medien in der Trennungssituation spielen können, aber ich unterstütze die Väter auch einfach darin, verständnisvoll mit dem eigenen Kind umzugehen, wenn es sich bedingt durch den Elternkonflikt abweisend verhält oder zurückzieht. Die Väter sollten Dinge nicht persönlich nehmen und immer wieder positiv auf das Kind zugehen“, sagt Marius Neuhaus.
Gespräche entlasten
Für viele Männer ist der Vätergesprächskreis das erste Hilfsangebot, das sie annehmen und bei dem sie für eine lange Zeit bleiben. Es tut vielen gut, hier Gleichgesinnte zu finden und Entlastung zu erfahren. „Es gibt sehr viel Erfahrung und Know-how in der Gruppe. Neue Teilnehmer bekommen oft Anregungen und Rückmeldungen von Vätern, die schon länger da sind. Das finde ich sehr wertvoll“, sagt Marius Neuhaus. „Väter, die nach einiger Zeit wieder in die Gruppe kommen, berichten oft darüber, wie sich die Dinge bei Ihnen entwickelt haben. Für alle Zuhörer ist es eine wertvolle Erfahrung, sich auf solidarische Weise durch die Krise begleiten zu können.“ Dabei kann jeder Vater wichtige Schritte der eigenen Entwicklung machen, wie es ein Vater formuliert: „Durch die Teilnahme am Vätergesprächskreis hat sich meine Blick, auf vorher für mich als selbstverständlich Erachtetes, gewandelt. Wertschätzung, auch von kleinen und alltäglichen Dingen oder Entwicklungsschritten, hat an Bedeutung gewonnen.“
Johanna Kern, redaktionelle Leitung des Verbandsmagazins,
Kinderschutzbund Bundesverband