
Willkommen in der Sprach-Kita
Kinder in Kitas sind ebenso vielfältig wie unsere Gesellschaft selbst. Jedes Kind bringt unterschiedliche Voraussetzungen und Kompetenzen mit. Das gilt auch für die sprachliche oder mehrsprachige Entwicklung. In der Kita BLAUER ELEFANT in Neumünster steht die frühkindliche Sprachbildung besonders im Fokus.
An der Wand eines Krippenraumes in der Kita BLAUER ELEFANT in Neumünster ist ein Baum befestigt. Je nach Jahreszeit bestücken die Kinder den Baum mit Blüten, grünen Blättern, Blättern in bunten Farben oder Schneeflocken. „Meine Aufgabe ist es, im Alltag Sprachanlässe für die Kinder zu schaffen,“ berichtet Monika Sievers, zusätzliche Fachkraft für sprachliche Bildung der Kita, die das Kita-Team anleitet, Ideen gibt und begleitet. Der Baum an der Wand ist ein visueller Anreiz, der Interesse für ein Thema weckt. Damit kann der Kita-Alltag sprachlich lebendig gestaltet werden.
Wertschätzung ist die Basis
Die Sprachförderung findet in der Kita BLAUER ELEFANT alltagsintegriert statt. Das bedeutet, dass alltägliche Situationen in der Kita wie das Anziehen, das Essen, das Wickeln oder das Vorlesen für die sprachliche Bildung genutzt werden. Dabei begleiten die pädagogischen Fachkräfte ihre Handlungen mit Worten („Ich habe Dir gerade geholfen, den linken Schuh anzuziehen, und jetzt ziehen wir den Schuh für den rechten Fuß an“), lesen dialogisch vor und stellen offene Fragen („Welche Tiere seht ihr hier?“) oder nehmen Aussagen von Kindern auf und reagieren darauf korrigierend („Toffeln.“ „Oh ja, du hast dir Kartoffeln genommen. Was möchtest Du noch essen?“).
Bildungseinrichtungen wie Kitas sind in Deutschland meist einsprachig geprägt – zugleich haben sie die Aufgabe, inklusiv zu arbeiten, die Identität jedes Kindes zu respektieren und Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe zu ermöglichen. „Etwa zwanzig Prozent der Kinder in unserer Kita haben eine andere Muttersprache als Deutsch, manche sogar zwei. Unsere Arbeit besteht darin, es den Kindern einfacher zu machen, anzukommen,“ sagt Monika Sievers.
Sichtbar wird die offene Haltung der Kita BLAUER ELEFANT in Neumünster bereits im Eingangsbereich, in dem Kinder und Eltern auf einer großen Tafel in verschiedenen Sprachen begrüßt werden. „In unserem Team herrscht eine große Offenheit und Wertschätzung für Menschen aller Kulturen und jeder Herkunft, erzählt Monika Sievers: „Wir möchten, dass jedes Kind sich angenommen und willkommen fühlt.“
Dazu gehört auch, die Familiensprache(n) der Kinder in den Kita-Alltag miteinzubeziehen. „Wir versuchen schon „Hallo“ zur Begrüßung der Kinder am Morgen in ihren Sprachen zu sagen,“ bemerkt Monika Sievers: „Der Morgenkreis ist dann aber auf Deutsch. Die Routinehandlungen sind für die Sprachbildung aller Kinder sehr wichtig. Die Kinder sollen immer wieder bestimmte Ausdrücke auf Deutsch hören, um sie zu verinnerlichen.“ Zur festen Tradition ist es in der Kita BLAUER ELANFENT in Neumünster geworden, dass am Vorlesetag Muttersprachler Geschichten in mehreren Sprachen vorlesen.

Praktische Hilfe im Kita-Alltag
„Wenn Kinder zu uns in die Kita kommen, die noch kaum Deutsch können, nutzen wir Bildkarten, um den Tagesablauf zu erklären,“ sagt Monika Sievers. Zusätzlich zur sprachlichen Anleitung sehen die Kinder zum Beispiel an einer Klammer am Bild mit Kleidungsstücken, dass sie sich anziehen sollen. „Wir haben in den Gruppen auch Fotokarten hergestellt, auf denen die Gruppenräume abgebildet sind. Das hilft den Kindern, sich in den Räumen zu orientieren.“
Hinzukommt: Das Team der Kita BLAUER ELEFANT ist divers besetzt, viele Erzieher*innen haben selbst einen Migrationshintergrund und sprechen zum Teil die Sprachen der Kinder. „Wir haben auch Muttersprachler*innen, die einspringen, wenn es im Alltag Verständigungsprobleme mit den Kindern gibt. Sie werden dann in einen Gruppenraum geholt und helfen punktuell“, so Monika Sievers.
Zusammenarbeit mit (mehrsprachigen) Eltern
Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern und Familien hat in der Einrichtung einen großen Stellenwert. In allen Garderobenbereichen der vier Gruppen befinden sich „sprechende Tafeln“, auf denen die Eltern und Familien täglich durch Piktogramme in verschiedenen Sprachen informiert werden, welches Angebot gelaufen ist, oder welche Lieder, Fingerspiele und Reime die Kinder gerade üben.
Um die Verständigung mit den Eltern zu erleichtern, gibt es in der Kita BLAUER ELEFANT Informationen zur Eingewöhnung, zur Sprach-Kita oder zu den Abläufen auch in Leichter Sprache. Aushänge wie „Der Zahnarzt kommt in die Kita“ sind in mehreren Sprachen zu lesen, ebenso wie die Beschilderung der Räume, wie zum Beispiel des Büros.
Bei Festen werden alle Eltern eingebunden. „Auch im Elterngespräch bleiben wir offen. Wir haben zum Beispiel eine Übersetzungs-App in unsere Arbeit aufgenommen, die zuverlässig gute Übersetzungen liefert und so das Elterngespräch vereinfacht“, erklärt Monika Sievers.
Impulse dazu, wie man mehrsprachige Kinder und deren Eltern am besten einbezieht, bekommt Monika Sievers immer wieder aus den Arbeitskreisen im Sprach-Kita-Verbund der Stadt Neumünster. „Die Tipps gebe ich dann an unser Team weiter. In den Dienstbesprechungen der Kita beschäftigen wir uns explizit mit dem Thema Mehrsprachigkeit. Wir schauen uns Material aus der Forschung an und diskutieren, welche Ansätze wir aufnehmen,“ berichtet Monika Sievers.

Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist
Die Kita in Neumünster beteiligt sich seit 2017 am Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel“ zur Welt ist. Seit 2023 sind die Länder für das Programm verantwortlich und führen es zum großen Teil weiter. „In Schleswig-Holstein hat sich dadurch die Situation verbessert,“ sagt Monika Sievers: „Ich habe den Eindruck, dass hier etwas für die Sprachförderung getan wird.“
In regelmäßigen Abständen wird die Kita außerdem durch eine Sprachfachkraft aus der benachbarten Schule besucht. Sie prüft bei den Kindern der Kindergartengruppen den Stand der Sprachfähigkeit. Bei Auffälligkeiten werden gezielte Fördermaßnahmen mit den Eltern besprochen. Im Programm „SPRINT“ des Landes Schleswig-Holstein etwa werden die Vorschulkinder ein halbes Jahr vor dem Schulanfang zwei bis dreimal in der Woche eine Stunde in Deutsch unterrichtet. „Das ganze erfolgt natürlich spielerisch, aber ist eine super Vorbereitung für die Schulzeit“, sagt Monika Sievers.
In der Kita BLAUER ELEFANT wird deutlich, wie wichtig es ist, bei der Sprachförderung aller Kinder die Mehrsprachigkeit zu berücksichtigen. Die Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit als Sprach-Kita ist eine offene, dem Kind und seinen Eltern zugewandte Haltung zu finden. Das gesamte Team muss sich verantwortlich fühlen. „Für uns ist Mehrsprachigkeit eine Herzensangelegenheit. Das spüren auch die Kinder“, sagt Sprachfachkraft Monika Sievers.
Johanna Kern, redaktionelle Leitung des Verbandsmagazins,
Kinderschutzbund Bundesverband