
Kindheit in der Krise
Unter dem Motto „Wen kümmert’s?“ wird der Kinderschutzbund in den kommenden Jahren die Krise der Kindheit zum Schwerpunktthema machen. Kinder beim Großwerden zu begleiten, ist nicht nur Sache der Eltern. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Doch Staat, Verwaltung und Politik – wir alle – vernachlässigen diese Mammutaufgabe massiv.

Schon bei der Geburt beginnt es. Zu wenige Hebammen und fehlende Geburtskliniken erschweren den Start ins Leben. Wer dann einen Kinderarzt oder eine Kinderärztin sucht, merkt schnell: Auch hier herrscht Mangel. Besonders im ländlichen Raum fehlen Kinderärzt*innen.
In Deutschland fehlen laut Bertelsmann-Stiftung 430.000 Kitaplätze. Selbst wenn Eltern einen Platz ergattern, können sie nicht sicher sein, dass ihr Kind gut betreut wird. Oft erfahren Eltern erst morgens, dass sie ihr Kind zu Hause betreuen müssen. Fällt eine Fachkraft wegen Krankheit aus, steht das System vor dem Kollaps. Diese schlechten Arbeitsbedingungen verschärfen den Fachkräftemangel: Erzieher*innen gehen in Teilzeit oder verlassen frustriert den Beruf. Und die Kinder? Ob ihre Kita kindgerecht arbeitet, die Rechte der Kinder wahrt und positive Bindungserfahrungen ermöglicht, wird zur Glückssache. Wenn Erzieher*innen nur noch die Aufsichtspflicht gewährleisten können, ist die Kita kein Bildungsort mehr.
Kinder leiden im Schulalltag unter Personalmangel und einem gigantischen Investitionsstau.: Laut KfW beträgt dieser im Jahr 2024 rund 55 Milliarden Euro. Kinder trinken während des Schultags nichts, um die maroden Toiletten zu meiden. Viele Turnhallen sind unbenutzbar, Räume fehlen. Geschlossene Schwimmbäder führen dazu, dass Kinder nicht mehr schwimmen lernen.
Der Kinderschutz hat gesetzlich Fortschritte gemacht, doch in der Praxis fehlen Ressourcen. Jugendämter sind überlastet, schlecht ausgestattet und durch hohe Fallzahlen überfordert. In Krisensituationen sind sie oft nicht erreichbar oder handlungsfähig. Der Kinderschutzbund befürchtet, dass schwere Fälle von Gewalt gegen Kinder unbearbeitet bleiben. Die Überlastung verhindert präventive Maßnahmen. Für eine frühzeitige Hilfeplanung und umfassende Beratung, bei der die Eltern und Kinder einbezogen werden, bleibt keine Zeit. Ohne frühe Unterstützung setzt für manche Familien ein Teufelskreis ein, der dringend unterbrochen werden muss.
Weder die Zahlen zur Kinderarmut noch die Klagen der Jugendämter, Kitas und Schulen über den Mangel lösen mehr als ratloses Achselzucken aus. Es fehlt an allen Ecken und Enden, Familien sind erschöpft, weil die Bildung und Betreuung in Kitas und Schulen und die kindermedizinische Versorgung auf wackeligen Füßen steht. Die Ursache liegt in einer Haltung, die die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nicht ernst nimmt. Ihre Kindheit wird kaputtgespart.
Der Schutz und das gute Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen muss unserer Gesellschaft mehr wert sein. Es ist unerlässlich, dass auf allen politischen Ebenen ehrliche Debatten geführt und Maßnahmen ergriffen werden, um die Kinder- und Jugendhilfe wieder handlungsfähig zu machen.
Und es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, für ein gutes Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen zu sorgen. Das betrifft Staat, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichermaßen. Wir haben es mit einer echten Krise der Kindheit und Jugend zu tun. Der Kinderschutzbund befürchtet, dass das System kollabiert. Es ist Zeit zu handeln!
Juliane Wlodarczak, Pressesprecherin,
Kinderschutzbund Bundesverband
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