
Klimaschutz ist Kinderschutz
Die Klimakrise ist aktuell und für kommende Generationen die größte Gesundheitsgefahr für uns Menschen, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Der Kinderschutzbund hat sich deshalb am diesjährigen Hitzeaktionstag am 5. Juni 2024 beteiligt. Initiatoren des Hitzeaktionstag sind die Bundesärztekammer (BÄK) und die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) e.V.
Im Positionspapier der AG Pädiatrie in der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit wird deutlich, dass ein sofortiges Handeln in folgenden Bereichen dringend notwendig ist:
Hitze / UV-Strahlung
Kinder reagieren empfindlicher auf Hitze und auf UV-Strahlung als Erwachsene. Sie haben als vulnerable Gruppe ein hohes Risiko für Hitzeschäden und Austrocknung sowie für Sonnenbrand und späteren Hautkrebs. Die Zahl der Krankenhausbehandlungen von Kindern nimmt in Hitzeperioden deutlich zu. Besonders groß ist die Gefahr durch Hitze und UV-Strahlung für Neugeborene und Kleinkinder, aber auch für Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen. Zudem sind Ungeborene bereits im Bauch der Mutter durch Hitze bedroht: Hitzewellen während der Schwangerschaft sind mit Frühgeburtlichkeit assoziiert, welche wiederum zu lebenslangen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Daher müssen dringend flächendeckend Hitze- und UV-Schutz- Maßnahmen ergriffen werden, und zwar sowohl in den Städten und Dörfern, aber vor allem in sämtlichen Einrichtungen, in denen sich Kinder oder Schwangere aufhalten (zum Beispiel Kitas, Schulen, Kinderkliniken). Beschattung oder Begrünung von Außenfassaden und Dächern, die Reduzierung der Flächenversiegelung, die Ausweitung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten sind erforderlich. Personal, welches Kinder, Jugendliche oder Schwangere betreut oder behandelt, muss bezüglich Hitze- und UV-Schutz-Maßnahmen geschult werden. Hitzeschutz und UV-Schutz ist Gesundheitsschutz und eine umfassende Aufgabe der Gesellschaft gegenüber Kindern, Jugendlichen und Schwangeren.
Gesunde Umwelt
Kinder leiden aufgrund ihrer speziellen Anatomie und Physiologie in besonderem Maße unter Feinstaub, bodennahem Ozon, Mikroplastik und anderen Schadstoffen. Diese akkumulieren im Körper über Jahrzehnte und können so Organschäden hervorrufen und zahlreiche Krankheiten induzieren. Deshalb muss zum Schutz der kindlichen Gesundheit das Verbrennen von fossilen Energieträgern sowie die Verschmutzung von Luft, Wasser und Erde so schnell wie möglich beendet werden. Auch die Verwendung von krebserregenden Pestiziden sowie von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) müssen dringend auf ein Minimum reduziert werden. Von überragender Bedeutung ist dabei das Einschränken der Verwendung von Plastik in allen Bereichen der menschlichen Zivilisation. Saubere Luft, sauberes Wasser und eine gesunde Erde sind Gesundheitsschutz. Kinder haben ein Recht auf eine gesunde Umwelt, jetzt und in Zukunft.
Ernährung
Gesunde Nahrungsmittel und sauberes Wasser sind die Grundlage eines gesunden Lebens. Gleichzeitig ist eine nachhaltige Herkunft saisonaler und regionaler Nahrungsmittel ein äußerst wirksamer Klimaschutz. Gerade im Kindesalter werden Gewohnheiten geprägt, die sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft langfristige Konsequenzen haben. Die Ernährungsempfehlungen der „EAT-Lancet Commission“ zielen auf eine pflanzenbasierte, fleischreduzierte Ernährung. Durch diese wird das Risiko für Übergewicht, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Bluthochdruck und Diabetes Typ 2 reduziert. Eine nachhaltige Landwirtschaft senkt Treibhausgasemissionen, schützt Böden und wendet sich ab von einer klima- und umweltschädlichen Massentierhaltung. Eine ökologisch angebaute, pflanzenbasierte Ernährung und die Vermeidung von Verpackungsmüll sind gleichzeitig Gesundheits- und Klimaschutz.
Mobilität
Kinder lieben es vom ersten Lebenstag an, sich zu bewegen. Die Bewegungsfreude fördert die motorische und die geistige Entwicklung von Kindern und macht sie selbstbewusst. Aufgrund ihrer gesundheitsfördernden Wirkung muss genügend Raum im Freien geschaffen werden, in dem sich Kinder gefahrlos selbstständig, abgasfrei und sonnengeschützt bewegen können. Hierfür ist eine entsprechende Infrastruktur erforderlich: großzügige autofreie Bereiche, sichere Fußgänger- und Radwege, die Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie ein angemessenes Tempolimit für Fahrzeuge. Kindergärten und Schulen sollten ohne Auto erreichbar sein. Eigenständige Mobilität eines jeden Einzelnen per Fuß oder Fahrrad ist Gesundheitsschutz.
Angemessene medizinische und psychologische Versorgung
Kinder und Jugendliche werden zukünftig eine deutlich umfangreichere medizinische und auch psychologische Versorgung brauchen als heute. Denn im Rahmen der Klimakrise werden viele Krankheiten zunehmen: Allergien, Asthma, Infektionskrankheiten, aber auch Frühgeburtlichkeit, angeborene Fehlbildungen und psychische Belastungssituationen durch dramatisch zunehmende Extremwetterereignisse. Für die medizinische und psychologische Versorgung von Kindern und Jugendlichen sind jetzt die nötigen finanziellen Mittel und Anlaufstellen zu schaffen. Die Klimakrise muss sofort mit allen Kräften abgemildert werden, um möglichst viel Krankheitslast zu verhindern. Dafür ist eine Transformation aller Sektoren zur Klimaneutralität erforderlich. Dies gilt auch für das Gesundheitssystem, welches weltweit der fünftgrößte Emittent und in Deutschland für etwa 5% der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.
Effektiver Klimaschutz ist Gesundheitsschutz und zugleich ökologisch und ökonomisch für unsere Gesellschaft sinnvoll. Die Erderwärmung wird auch mit Umsetzung aller geforderten Maßnahmen zunächst weiter voranschreiten. Diese Entwicklung ist ein medizinischer Notfall, der die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen am stärksten gefährdet. Jetzt ist die Zeit, für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen zu handeln, denn: Gesunde Kinder gibt es nur auf einer gesunden Erde.
Das vollständige Positionspapier finden Sie hier:
klimawandel-gesundheit.de/aktiv-werden/klug-arbeitsgruppen/paediatrie/
Alle Informationen zum Hitzeaktionstag unter:
hitzeaktionstag.de
Juliane Wlodarczak, Pressesprecherin,
Kinderschutzbund Bundesverband