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Kinder- und Jugendpolitik

Kinderrechte ins Grundgesetz

Am 23. Mai ist das Grundgesetz 75 Jahre alt geworden. Anlässlich des Jubiläums mahnt der Kinderschutzbund, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz nicht aus dem Blick zu verlieren.

Das Grundgesetz ist nicht nur eine Ansammlung von Artikeln – es hat Leuchtturmcharakter. Es ist das Bekenntnis unserer Nation dazu, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Und es definiert den Maßstab, an dem sich jede politische Maßnahme und jedes Urteil – gleich welcher Ebene – zu orientieren hat. Artikel 3 des Grundgesetzes etwa hält fest, dass Mann und Frau gleichberechtigt sind. Und er gemahnt zugleich: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Und so, wie die Verfassung bei der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau einen rechtlichen und gesellschaftlichen Prozess vorangetrieben hat, so muss dies auch mit der Stellung von Kindern und Jugendlichen in dieser Gesellschaft passieren. Denn ihre Rechte fehlen hier. 

In Deutschland gilt die UN-Kinderrechtskonvention seit 1992. Sie ist bindendes Recht. Aber in alltäglicher Rechtsprechung, in der Frage von politischen Entscheidungen oder gesellschaftlichen Haltungen, ist sie kaum wahrnehmbar. Natürlich bezieht das Bundesverfassungsgericht, als oberste Instanz, ihre Regelungen in seine Rechtsprechung ein – die Strahlkraft, die die Kinderrechte mit einer Verankerung im Grundgesetz hätten, wird aber nicht erreicht. 

In Zeiten, in denen Kinder und Jugendliche in der Grundrechtsabwägung einer Pandemie quasi vergessen wurden, in denen die junge Generation um den Fortbestand der Lebensgrundlagen eines Planeten fürchtet, in denen nahezu die Mehrheit der Wähler*innen im Rentenalter sind und Kinder und Jugendliche eine kleiner werdende Minderheit, muss eine Gesellschaft jungen Menschen versprechen: Wir sehen und wir hören euch. Eure Rechte sind deshalb Teil des Grundgesetzes. 

Junge Menschen haben in ihrer jeweiligen Lebenssituation spezifische Rechte auf Schutz, auf Förderung und auf Beteiligung, die Ihnen durch ihre Aufnahme in die Verfassung explizit gewährt werden müssen. Dass dies schon so lange so strittig ist, zeigt, dass eine Verankerung eben kein symbolischer Akt ist. Sondern, dass die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung ein wirksames Mittel ist, diese Gesellschaft kinderfreundlich zu gestalten. 

Das Aktionsbündnis Kinderrechte, bestehend aus dem Kinderschutzbund, UNICEF und dem Deutschen Kinderhilfswerk in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind setzt sich schon lange dafür ein und wird weiter für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz eintreten.

Kinderrechte stärken Kinder und ihre Familien – und schränken nicht, wie gelegentlich behauptet wird, die Rechte ihrer Eltern ein. 

Dem guten Wirken des Grundgesetzes kann man zu 75 Jahren nur gratulieren, aber wenn man nicht nur auf Vergangenes zurückschauen möchte, sondern auch für die Zukunft eine zeitgemäße moderne und wegweisende Verfassung haben möchte, ist es überfällig, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen und damit nicht bis zum 100. Geburtstag zu warten.

Mehr Informationen zum Aktionsbündnis Kinderrechte: 

kinderrechte-ins-grundgesetz.de


Ausgabe 24-2

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